Bereits früh in der Kindheit kommt man mit dem Satz: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein!“ in Berührung. Wenn sich der BGH mit dieser doch zugegebenermaßen recht simplen Metapher befasst, könnte es verrechtlicht wie vorliegend auch „die Vertrauenshaftung des Vertreters einer juristischen Person nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen bei fehlendem Rechtsformzusatz“ heißen. Im Tenor des dieser Problematik zu Grunde liegenden Urteils, spricht sich der BGH für eine Haftung des Vertreters gem. § 311 Abs. 2, 3, § 179 BGB analog aus. Eine Haftung des Vertreters einer Gesellschaft ist nach Ansicht des 3. Zivilsenats des BGH parallel zu der eigentlichen Haftung der Gesellschaft möglich.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall streiten die Parteien um Schadensersatz wegen vermeintlich fehlerhafter Anlagekaufberatung. Im Einzelnen kaufte der Kläger nach vorhergehender Beratung durch den Beklagten, der zu diesem Zeitpunkt Prokurist einer Finanzvermittlung (in Form einer Unternehmergesellschaft (§ 5a GmbHG) war, Anteile an einer als Blind Pool ausgestalteten Finanzfonds. Dieser trat auf dem Privat-Equity Markt auf und sollte langfristig als Investor kleiner und mittlerer Unternehmen mit Schwerpunkt außerbörslich gelisteter Start-Ups in den DACH-Staaten aktiv sein und Beteiligungen erwerben.
Der Fonds wurde 2017 liquidiert, mit der Folge, dass der Kläger sein bereits investiertes Kapital iHv. 41.500,00 € verlor und noch nicht erbrachte Pflichteinlagen iHv. 9.500,00 € nachträglich einbringen musste.
Letztlich erhob der Betroffene Klage gegen den Prokuristen persönlich. Als Begründung führte er an, dass dieser nicht als Vertreter der UG, sondern vielmehr als eigener Anlageberater aufgetreten sei. Des Weiteren habe der Beklagte ihn nicht über das konkrete Konzept und das inhärente Risiko des Geschäfts – insbesondere das der Investition innewohnende Totalverlustrisiko aufgeklärt. Diese Klage gegen den Prokuristen scheitere sowohl vor dem Landgericht, als auch vor dem Oberlandesgericht. Eine vertragliche Haftung des Vertreters wurde verneint. Der Beratungsvertrag sei nicht mit dem Vertreter, sondern mit der Gesellschaft geschlossen worden. Vielmehr sei auch eine anderweitige Haftung des Vertreters nicht gegeben, da über das normale Verhandlungsvertrauen kein besonderes persönliches Vertrauen durch den Prokuristen in Anspruch genommen wurde.
Streitfrage
Diese Rechtsauffassung konnte vor dem BGH nicht bestehen. Vielmehr ist nach Auffassung des 3. Senats nicht auszuschließen, dass der Vertreter der Gesellschaft dem Kläger nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen auf (vor-)vertraglicher Grundlage persönlich haftet.
Der Grund dafür liegt in dem Umstand, dass der Beklagte dem Kläger gegenüber die Haftungsbeschränkung der Gesellschaft nicht zum Ausdruck gebracht hatte und weitgehend den Rechtsformzusatz „UG“ nicht geführt hat. Nach bereits gefestigter Rechtsprechung haftet der für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Geschäftsverkehr Auftretende wegen eines Verstoßes gegen § 4 GmbHG unter Rechtsscheingesichtspunkten jedenfalls dann, wenn er durch das Weglassen des Rechtsformzusatzes ein berechtigtes Vertrauen des Rechtsverkehrs auf die Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorruft. Es handelt sich dabei vorliegend um eine sog. verschuldensunabhängige Garantiehaftung. Diese basiert der Überlegung nach allein darauf, dass der Vertreter durch die sachlich unzutreffende Erklärung ein Vertrauen beim Gegenüber schafft, es hafte ihm zumindest eine weitere Person uneingeschränkt.
Fazit
Wer im Geschäftsverkehr als Vertreter einer haftungsbeschränkten Gesellschaft auftritt, sollte genau darauf achten, dass die gesetzlichen Anforderungen zur Angabe von Haftungsbeschränkungen korrekt abgegeben und durch die Vertragsparteien auch zu Kenntnis genommen werden. Besteht im Nachhinein ein substantieller Zweifel, sollte der Vertreter in der Lage sein, dass Vertrauen des Rechtsverkehrs auf die Haftung einer weiteren Partei erschüttert zu haben.
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