Ärzte und Zahnärzte profitieren von verschiedenen Steuererleichterungen, die sich aus der Einstufung der Heiltätigkeit als freiberuflich i.S.d. § 18 EStG ergeben. Verschiedene Umstände können aber dazu führen, dass das Finanzamt die Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit gem. § 15 EStG umqualifiziert – das kann teuer werden.
Grundsätzlich erzielen Ärzte und Zahnärzte als sogenannte Katalogberufe Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gem. § 18 EStG. Dies bedeutet steuerlich, dass zunächst keine Gewerbesteuer geschuldet wird. Darüber hinaus kann der Freiberufler seinen Gewinn grundsätzlich gem. § 4 III EStG ermitteln, also durch Einnahme-Überschussrechnung.
Problematisch sind nun allerdings die Fälle, in denen die freiberufliche Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit gem. § 15 EStG „umschlägt“. Dies ist vor allem in folgenden Fallgruppen gegeben:
- Der Arzt erbringt zusätzlich zu seiner freiberuflichen Tätigkeit auch gewerbliche Einkünfte. Dies ist z.B. dann gegeben, wenn neben der Heilbehandlung Medikamente oder Hilfsmittel abgegeben werden. Problematisch können hier verschiedene Versorgungsverträge mit Krankenkassen im Bereich der ambulanten Versorgung oder die integrierte Versorgung werden. Hier ist im Einzelfall eine genaue Prüfung der Verträge nebst der tatsächlichen Durchführung notwendig. Soweit eine Trennung möglich ist, kann die Gewerblichkeit evt. noch auf die gewerblichen Einkünfte beschränkt werden. Soweit die Tätigkeiten aber untrennbar miteinander verbunden sind, ist i.d.R. die gesamte Tätigkeit des Arztes als gewerblich anzusehen.
- Der Arzt beschäftigt eine Anzahl von Mitarbeitern, die es ihm nach der Verkehrsauffassung nicht mehr ermöglicht, die einzelne Arbeitsleistung tatsächlich noch leitend zu überwachen und z.B. Prüfungen und Entscheidungen über Behandlungsmaßnahmen etc. selbst zu treffen (Stempeltheorie). Hierbei kommt es stets auf den Einzelfall an; betroffen können hier insbesondere größere MVZ, Laborgemeinschaften etc. sein. Je nach Ausgestaltung kann aber auch bereits die Anstellung weniger besonders qualifizierter Mitarbeiter ausreichend sein.
- Beteiligungen an Berufsausübungsgemeinschaften bergen diverse Risiken. So führt die Beteiligung einer Person, die nicht Freiberufler ist, automatisch zur Gewerblichkeit der gesamten BAG. Selbiges gilt, wenn eine Kapitalgesellschaft an der BAG beteiligt ist, selbst wenn alle Gesellschafter der Kapitalgesellschaft Freiberufler sind. Selbst wenn alle Beteiligten als Freiberufler anzusehen sind, besteht das Problem, dass die unter Nr. 1 aufgeführte Trennung der freiberuflichen Tätigkeit und der gewerblichen Tätigkeit bei BAG nicht vorzunehmen ist, sondern stattdessen die „Abfärberegelung“ gilt. Dies bedeutet, dass jegliche gewerbliche Nebentätigkeit dann zur gesamten Gewerblichkeit der BAG führt, wenn mehr als 3 % der Nettoumsätze oder der absolute Betrag von 24.500 EUR durch die gewerbliche Tätigkeit überschritten wird.
Nun mag man sich fragen, warum die Umqualifizierung in ein Gewerbe so schlimm ist, da die Gewerbesteuer immerhin gem. § 35 EStG auf die Einkommenssteuer anzurechnen ist. In Gemeinden mit einem niedrigen Hebesatz kann dies dazu führen, dass wirtschaftlich keine Gewerbesteuer zu zahlen ist.
Dies gilt allerdings nur bei Einzelpraxen bzw. BAG in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Soweit ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH geführt wird, was z.B. bei nur einem Arzt als Gesellschafter zwingend erforderlich wäre, kann eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die persönliche Einkommenssteuer nicht mehr vorgenommen werden.
Darüber hinaus führt die Umqualifizierung der Einkünfte hin zur Gewerblichkeit zu diversen Nebeneffekten. Soweit der Arzt bis dahin zulässig gem. § 4 III EStG seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung erstellt hat, waren lediglich die tatsächlich zugeflossenen Einnahmen zu versteuern. Der gewerbliche Arzt muss jedoch, soweit er mehr als 600.000 EUR Umsatz oder 60.000 EUR Gewinn erzielt, zur Bilanzierung wechseln. Dies bedeutet unter anderem auch, dass Einnahmen bereits dann zu berücksichtigen sein können, auch wenn diese tatsächlich erst später zufließen. Besonderheiten ergeben sich auch bei der Abschreibung des Praxiswertes, soweit dieser entgeltlich erworben wurde. Während Freiberufler diesen über 3-5 Jahre beim Erwerb einer Einzelpraxis bzw. über 6-10 Jahre beim Erwerb einer Sozietätspraxis abschreiben können, wird dieser Praxiswert bei einem gewerblichen Arzt zum Firmenwert umdeklariert und ist dann zwingend auf 15 Jahre abzuschreiben. Hierdurch kommt es zu erheblichen Steuermehrbelastungen.
Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, also die Gewerblichkeit eingetreten, können im Nachgang in der Regel kaum noch Maßnahmen hiergegen getroffen werden. Es sollte vielmehr präventiv das Geschäftsmodell sowie die abgeschlossenen Verträge überprüft und ggf. vor dem Umschlagen aller Einkünfte in die Gewerblichkeit zu angemessenen Maßnahmen gegriffen werden. Diese können z.B. in der Gründung einer zweiten Gesellschaft, der Umgestaltung von Arbeitsabläufen etc. bestehen.