Die Aufbewahrungspflicht im Allgemeinen, dürfte wohl berufsübergreifend mehrheitlich als „notwendiges Übel“ und Stressfaktor wahrgenommen werden. Gleichzeitig dient sie aber oftmals als der Absicherung in Streitfragen. Auch im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten um/wegen Schadenersatz gegen Ärzte (Arzthaftungsprozesse) dienen vor allem die Dokumente, die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten unterliegen, nicht selten als einziger und oft letzter Beweis für oder gegen einen vermeintlichen Anspruch.

Dokumentation der ärztlichen Behandlung

Mit Einführung des Patientenrechtegesetzes 2013 ist die Dokumentationspflicht des Arztes im BGB geregelt (§ 630f BGB). Diese normiert eine Plicht, Patientenakten zu führen und dort sämtliche für die Behandlung wesentlichen Maßnahmen und Ergebnisse festzuhalten. Dies soll eine nachverfolgbare fachgerechte Behandlung der Patienten sicherstellen und nicht zuletzt auch die den Arzt durch seine Behandlung obliegende Rechenschaftspflicht erfüllen. Danach hat Behandelnde die Patientenakte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen. Auch in der Musterberufsordnung der Ärzte wird eine Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren angesetzt (§ 10 Abs. 3 MBO-Ärzte).

Abweichende Aufbewahrungsfristen ergeben sich teilweise aus den Krankenhausgesetzen der Länder. Hamburg sieht beispielsweise mit § 4a HmbKHG eine Speicherung von Behandlungsunterlagen für die Dauer von 30 Jahren zwingend vor. Andere Länder wie z.B. Sachsen (§ 33 SächsKHG) oder Bayern (Art. 27 Abs. 2 BayKrG) haben von einer länderspezifischen Regelung keinen Gebrauch gemacht.

Aufbewahrung bei möglicher Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler

In diesem Zusammenhang spielt die Beweislast im Arzthaftungsprozess eine wesentliche Rolle, § 630h BGB. Nach § 630h Abs. 3 BGB wird vermutet, dass eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme, die nicht ordnungsgemäß dokumentiert wurde, auch nicht stattgefunden hat. Mithin obliegt der Dokumentation eine wichtige Beweisfunktion, nicht zuletzt für den Arzt selbst. Dies scheint auch der Grund zu sein, weshalb oft die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen von in der Regel 10 Jahren unnötigerweise und zum Großteil auch rechtsgrundlos pauschal auf 30 Jahre verlängert werden. Stellenweise wird hier empfohlen, „ganz unabhängig von den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, die Patientenakte mindestens 30 Jahre lang aufzubewahren. Der Grund: § 199 Abs. 2 BGB“. Angespielt wird vorliegend auf die Höchstdauer der Verjährung bei Schadenersatzansprüchen. Die Bundesärztekammer selbst geht davon aus, dass hier durchaus in einzelnen Fällen Konstellationen denkbar sind, in denen es aus Sicht des Arztes erforderlich sein kann, einzelne Aufzeichnungen über die jeweils vorgeschriebene Aufbewahrungsfrist hinaus aufzubewahren.

Datenschutzrechtliche Einordnung

Rechtsgrundlage für die Aufbewahrung der Behandlungsunterlagen gemäß den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen ist regelmäßig Art. 6 Abs. 1 c) DSGVO. Ein Anspruch auf Löschung besteht in dieser Zeit nicht, Art. 17 Abs. 1, 3 b) DSGVO.

Auch in Konstellationen, in denen aus Sicht des Arztes aufgrund einer möglichen Haftung über die gesetzliche Aufbewahrungsfrist hinaus aufbewahrt werden soll, kann eine Löschung nach Art. 17 Abs. 3 e) DSGVO unterbleiben. Unstrittig kommt hier allerdings eine Aufbewahrung nicht mehr Betracht, wenn Schadenersatzansprüche auf Grund von Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden können. Des Weiteren kann der Verantwortliche (Arzt) die Daten bei einem „nur“ absehbaren Verfahren nicht pauschal vorhalten, sondern muss vielmehr die Wahrscheinlichkeit der Geltendmachung von Rechtsansprüchen oder deren Gewicht ermitteln, dem der mit der anhaltenden Speicherung verbundene Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Person gegenüberzustellen ist. Nur so kann eine mögliche Rechtfertigung der weiteren Aufbewahrung ermittelt werden. Eine pauschale zeitliche Speicherung von Daten über gesetzliche Aufbewahrungsfristen hinaus ist daher nur unter besonderem Begründungsaufwand im Einzelfall zulässig.

Zusammenfassung

Ärztliche Aufzeichnungen sind für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht. Es sind darüber hinaus Konstellationen denkbar, in denen es aus Sicht des Arztes erforderlich sein kann, einzelne Aufzeichnungen über die jeweils vorgeschriebene Aufbewahrungsfrist hinaus aufzubewahren. Eine pauschale Verlängerung der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten verbietet sich jedoch. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall festzulegen, ob gegebenenfalls eine weitere Aufbewahrung der Behandlungsunterlagen für eine Verteidigung gegen etwaige Schadenersatzansprüche gegenüber dem Arzt in Betracht kommt.

Christian Krösch