Am 19.11.2020 veröffentlichte das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) den „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)“.
Ziel des Entwurfs ist, das Recht der BGB-Gesellschaft zu konsolidieren und die geltenden Vorschriften an die praktischen Bedürfnisse von Gesellschaften und Gesellschaftern anzupassen. Des Weiteren verfolgt die Reform das Ziel, die Rechtsformen der Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich auch zur gemeinsamen Ausübung Freier Berufe durch die Gesellschafter zugänglich zu machen. Zuletzt soll für Personenhandelsgesellschaften ein modernes, im Grundsatz dem aktienrechtlichen Anfechtungsmodell folgendes Beschlussmängelrecht eingeführt werden.
Der Beitrag skizziert die geplanten Änderungen des Status Quo von Personengesellschaften, insbesondere der BGB-Gesellschaft einerseits und die Bedeutung eines vorbehaltlichen Zugangs der Freien Berufe zu kaufmännischen Rechtsformen der Personengesellschaft andererseits.
1. Grundlegendes
Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist für die aktuelle Legislaturperiode eine Reform des Personengesellschaftsrechts vereinbart. Der jetzt veröffentliche „[…] Entwurf eines Gesetzes für ein modernisiertes Personengesellschaftsrecht ist die dritte große Gesellschaftsrechtsreform seit 1949. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird an einem neuen Leitbild ausgerichtet und fit für das 21. Jahrhundert gemacht: Weg von der Tippgemeinschaft, hin zum Start-Up. Gründer können unkompliziert und rechtssicher starten und ihr Unternehmen mit den neuen erweiterten Umwandlungsmöglichkeiten schrittweise weiterentwickeln.“ So äußerte sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zum kürzlich veröffentlichten Gesetzesentwurf. Festzuhalten ist bereits jetzt, dass das MoPeG wesentliche Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Handelsgesetzbuches, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes und des Umwandlungsgesetzes mit sich bringen wird. Vorwegnehmen lässt sich auch, dass das MoPeG zum einen das Potential hat, das Recht der Personenhandelsgesellschaften zu modernisieren und zum anderen bisher ungeschriebene Regelungen kodifiziert, die seither nur einschlägiger Literatur zu entnehmen waren.
2. Die GbR in neuem Regelungsgewand
Große Veränderung bringt der § 705 II BGB-E mit sich. Regelungstechnisch führt die Vorschrift die Legaldefinition der rechtsfähigen und der nicht-rechtsfähigen Gesellschaft in das Gesetz ein. Im Sinne eines gesetzlichen Leitbildes konzipiert § 705 II BGB-E die BGB-Gesellschaft in Gestalt der rechtsfähigen Gesellschaft als eine auf Dauer angelegte, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Personengesellschaft grundlegend neu. Mit der Unterscheidung beider Rechtsformen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in der Praxis sowohl Gesellschaften bürgerlichen Rechts vorkommen, die sich rein auf das Innenverhältnis beschränken, als auch andere, die nach außen in Erscheinung treten. Rechtsfähigkeit ist nur für die rechtsfähige Gesellschaft anzuerkennen.
Die (e)GbR
Erwünschte und lange von der Praxis geforderte Neuerung für die BGB-Gesellschaften bringt die geplante Einführung eines Gesellschaftsregister gem. §§ 707 ff. BGB-E. Die GbR verfügt als fiktives, juristisches Zuordnungsobjekt ihrem Wesen nach nicht über eine natürliche Publizität. Demnach kann hinsichtlich ihrer Existenz, Identität und ordnungsgemäßen Vertretung die Publizität sinnvollerweise nur mittels eines öffentlichen Registers hergestellt werden. Eine für die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft konstitutive Pflicht zur Eintragung in das Gesellschaftsregister soll nach bisherigem Dafürhalten des BMJV grundsätzlich nicht bestehen. Ein faktischer Zwang zur Eintragung soll dann bestehen, wenn ein anerkennenswertes Interesse des Rechtsverkehrs an der Subjektpublizität der Gesellschaft besteht. Dieser wurde im Referentenentwurf des BMJV bereits für den Erwerb von und die Verfügung über registrierte Rechte – namentlich bspw. den Grundstückserwerb im Namen der Gesellschaft – sowie für die Umwandlungsfähigkeit der Gesellschaft festgestellt. Anzumerken ist, dass für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die sich für eine Eintragung gem. § 707 I BGB-E in das Gesellschaftsregister entscheiden, künftig gem. § 707a II S. 1 BGB-E der Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft“ oder „eGbR“ aus Gründen des Verkehrsschutzes zu führen sein wird.
Probleme könnten sich in der Praxis für „eGbR“ hinsichtlich einer Anwendung der Publizitätsvorschriften des § 15 HGB ergeben. Dessen entsprechende Anwendung ordnet § 707a III S. 1 BGB-E an. Es ergibt sich aus einer Eintragung im Gesellschaftsregister für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht, dass diese auch in ihrer Rechtsform tatsächlich fortbesteht. Praktisch relevant ist dies, da sich eine Gesellschaft auch identitätswahrend in eine OHG kraft Rechtsformzwang umwandelt kann, sobald der Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Die Gesellschafter sind dann Kaufmann iSd. § 1 II HGB. Anhand unterschiedlicher Register kann es hier in der Folge zu Wertungswidersprüchen kommen, die es zu vermeiden gilt. Dies greift auch der Referentenentwurf auf. Einer dahingehenden Entwicklung ist mit Ausblick auf die praktische Bedeutsamkeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Bereits jetzt wird in Satz 2 klargestellt, dass eine Pflicht der GbR nach § 106 I HGB-E, die Gesellschaft als OHG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, unabhängig einer Eintragung im Gesellschaftsregister, weiterhin fortbesteht.
Neuer Zusammenhang zwischen Rechtsfähigkeit und Haftung
Die Frage nach der persönlichen Haftung von Gesellschaftern einer Außen-GbR und die Ihr vorgelagerte Frage nach der (Teil-)Rechtsfähigkeit der Außen-GbR waren einer der umstrittensten Fragen des Gesellschaftsrechts. Kodifiziert man wie im zugrundeliegenden Referentenentwurf die Rechtsfähigkeit der GbR, so erscheint es als Notwendigkeit, auch das bereits in Analogie zu §§ 105 ff. HGB zur Anwendung kommende Haftungsregime der OHG für die GbR gesetzlich zu Regeln. Im Normalfall fehlen spezielle Regelungen zur Kapitalausstattung und -erhaltung der Gesellschaft, sodass Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in unbeschränkter Höhe mit ihrem Privatvermögen als Gesamtschuldner haften. Der Entwurf übernimmt daher die nicht abschließenden Regelungen des Haftungsregimes der offenen Handelsgesellschaft in §§ 721 ff. BGB-E. Abweichende institutionelle Haftungsbeschränkungen bleiben daher voraussichtlich im Einzelfall weiterhin zulässig.
Streitpunkt eigenübliche Sorgfalt
Nach bisherigem Stand sieht der Entwurf des MoPeG eine ersatzlose Streichung der bisher im Innenverhältnis der Gesellschafter geltenden Haftungserleichterung (diligentia quam in suis) vor. Dies ist wiederum Ausdruck der Rechtsfähigkeit der GbR. Die in § 708 BGB geregelte Haftungsbeschränkung auf die Verletzung der in eigenen Sachen anzuwendenden eigenüblichen Sorgfalt ist eine reine Innenhaftung der Gesellschafter. Zukünftig ist Ansatzpunkt jedoch die Haftung des Gesellschafters gegenüber der rechtsfähigen Gesellschaft. In Ablehnung des zugrundeliegenden „Mauracher Entwurf“ sieht das BMJV Sinn und Zweck der Vorschrift als nicht mehr zeitgemäß an. Vielmehr sollen anhand der bestehenden allgemeinen Rechtsgeschäfts- und Schuldrechtslehre interessengerechtere Lösungen gefunden werden. Die weitere Entwicklung dessen bleibt jedoch abzuwarten.
3. Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freie Berufe
§ 107 I S. 2 HGB-E eröffnet eine Eintragungsoption im Handelsregister für Freie Berufe sich künftig auch in der Rechtsform der OHG zu organisieren. Auf Grund der bestehenden Verweisung des § 161 II HGB-E gilt die neue Regelung auch für die Kommanditgesellschaft. Um den spezifischen Schutzbedürfnissen der beteiligten Verkehrskreise angemessen Rechnung zu tragen, stehen die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für freie Berufe unter dem Vorbehalt der berufsrechtlichen Zulässigkeit durch den zuständigen Bundes- oder Landesgesetzgeber. Gesetzlich geregelt ist diese Option bisher unter anderem für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Für Rechtsanwälte liegt ein Referentenentwurf des BMJV zur „Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaft sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ vor. Damit soll von dieser Öffnungsmöglichkeit für die anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften Gebrauch gemacht werden. Besonders relevant für die Praxis dürfte § 59i I BRAO-E sein, der die Beteiligung der Berufsausübungsgesellschaft an einer anderen Gesellschaft erlaubt. Danach können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sich zukünftig für die gemeinschaftliche Berufsausübung der GmbH & Co. KG oder UG & Co. KG bedienen.
In diesem Zusammenhang interessant dürfte die weitere Ausgestaltung in Hinblick auf steuerrechtliche Beurteilung der Anwaltschaft werden. Dies gilt es im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Auge zu behalten.
4. Fazit
An einem Reformbedarf des deutschen Personengesellschaftsrechts bestand in jüngster Vergangenheit kein Zweifel mehr. Der Referentenentwurf des MoPeG der durch das BMJV veröffentlich wurde lässt großes Erwarten und war gleichzeitig Startschuss für eine bis 16.12.2020 andauernde Debatte über die zukünftige Rechtsgestaltung deutscher Personenhandelsgesellschaften im Kontext modernen Wirtschaften.
Bereits jetzt lässt sich festhalten, dass das neue Gesetz an Übersichtlichkeit deutlich gewinnen wird. Das sich im Zusammenhang mit der Reform neue Rechtsfragen stellen werden, wird sich trotz dessen allerdings nicht vermeiden lassen.
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